Die Lohnarbeit

01. Mai 2006
Von

Warum sie uns das Leben klaut
Flugblatt zum 1. Mai 2006

Die Arbeit bestimmt unser ganzes Leben. Schon in der Schule wird durch Noten und verschiedene Schulniveaus eine riesen Konkurrenz aufgebaut und selektiert. Es werden also sehr früh die Startbedingungen geschaffen, unter denen wir in den Arbeitsmarkt einsteigen. Diese sind sehr verschieden, je nachdem, ob wir eine gymnasiale Laufbahn antreten oder bloss die Sekundarschule besuchen. Dabei wird uns stets klar gemacht, dass nur die wenigsten eine Chance auf einen einträglichen Job haben, vielmehr müssen wir froh sein, wenn wir überhaupt eine Lehrstelle finden. Falls wir dann tatsächlich zu einem Lehrvertrag kommen, bedeutet der dann im Klartext arbeiten für einen miesen Lohn. Schlussendlich stehen wir irgendwann vor der Situation, dass wir auf einem übersättigten Arbeitsmarkt irgendwelche Jobs suchen müssen, sei das nun, weil das Arbeitsamt Stress macht, oder weil tatsächlich reale Chancen darauf bestehen, in einem Anstellungsverhältnis zu landen. Sind wir angestellt, verkaufen wir nicht nur während der Arbeitszeit unsere Arbeitskraft, sondern opfern der Arbeit auch den grössten Teil unserer übrigen Zeit. Denn anstatt diese Zeit zum Leben zu nutzen, brauchen wir sie zum Regenerieren. Und für was müssen wir uns erholen? Damit wir am nächsten Tag wieder fähig sind zu arbeiten. Wir zerstören unsere Gesundheit, um diese wieder aufzupeppeln, um sie dann wieder zu zerstören, und so weiter und so fort. Sind wir pensioniert, können wir wegen unserer kaputten Rücken und zerschlissenen Augen nicht einmal mehr den beschissenen Schrebergarten am Stadtrand pflegen – eine Beschäftigung, auf die wir uns ach so lange gefreut haben.
Auch wenn wir gar nicht zu den «Privilegien» der Lohnarbeit kommen und arbeitslos sind, geht es uns nicht besser. Zwar besteht die Gefahr körperlicher Schäden durch Arbeit nicht mehr unbedingt, höchstens wir finanzieren uns durch Schwarzarbeit oder werden in ein behämmertes Beschäftigungsprogramm gezwungen. Doch auf Arbeitslose wird massiver Druck von der Gesellschaft und natürlich vom regionalen Arbeitsvermittlungsbüro (RAV) ausgeübt. Weil der oder die Arbeitslose keinen Wert produziert, erscheint er in dieser Gesellschaft nicht als vollwertiger Mensch, was oft dazu führt, dass sehr viele Menschen selbst an sich zu zweifeln beginnen. Beim RAV müssen massenhaft Bewerbungen abgeliefert werden, wer dem nicht nachkommt, dem wird mit Sanktionen wie Geldkürzungen gedroht, wenn er nicht eine gewisse Quote erfüllt. Nichts desto trotz erfüllen die Arbeitslosen die Funktion, als Reservearbeitskraft die Leute, welche einen Job haben, ruhig zu halten. Stets kann von den Vorgesetzten damit gedroht werden, dass sich hundert andere um einen Job beworben haben und man deshalb die Schnauze halten soll.
Wieso tun wir uns das überhaupt an? Arbeit scheint eine sehr schlechte Möglichkeit zu sein, unser Leben zu ermöglichen. Trotzdem gehen wir malochen, weil die Chancen recht gering sind, dass wir im Lotto gewinnen, oder wir Alleinerben reicher Onkel werden. Auch die Finanzierung durch Diebstahl und Bankraub wird, mit schönen Ausnahmen, keine Alternative sein. Da uns der Staat all seine Repression entgegensetzt, ist die Arbeit oder Arbeitslosigkeit, im Vergleich mit dem Knast, meistens das kleinere Übel. So bleibt nichts als das Mühsal Arbeit, um durch das Leben zu kommen. Es macht das Gerücht die Runde, dass wir durch fleissiges Arbeiten zu Reichtum kommen können. Das ist nicht nur ein Gerücht, sondern eine infame Lüge. Faktisch können wir nur dann reich werden, wenn wir andere für uns arbeiten lassen. Aber dazu bräuchten wir Kapital. Wir müssten also versuchen, irgendwie Geld aufzutreiben, einen Kredit aufzunehmen, um damit Produktionsmittel zu kaufen, um wiederum einen Profit zu erwirtschaften, um dann vielleicht reich zu werden. Dass wir dabei alles verlieren oder an einem Herzinfarkt sterben, ist nicht die unwahrscheinlichste Variante. Gerade heute, wo die Wirtschaft krieselt und bereits bestehende Unternehmen Schwierigkeiten haben profitabel zu wirtschaften. Sehen wir den Tatsachen ins Auge, in dieser Gesellschaft werden wir bis zur Pension und vielleicht noch länger unsere Arbeitskraft verkaufen müssen, um selbige am Leben zu erhalten. Wobei die Möglichkeit nur zu gross ist, dass wir dabei psychisch wie physisch vor die Hunde gehen, was für den Produktionsprozess jedoch nicht von Belang ist. Schliesslich können wir ohne Mehrkosten ersetzt werden von einem anderen Menschen, der seine Arbeitskraft verkauft. Die Produktion geht weiter.
Diesen Zustand können weder Gewerkschaften, noch Sozialdemokraten, und auch nicht irgendwelche nationalistischen Bauernparteien etwas anhaben, denn sie greifen die Besitzverhältnisse nicht an. Solange eine Mehrheit nichts und eine Minderheit alles besitzt, solange nicht alle alles besitzen, und Eigentum dadurch überflüssig wird, solange ist ein Leben, in welchem unsere Bedürfnisse erfüllt werden, für die ganze Menschheit nicht möglich. Unsere einzige Möglichkeit wird es sein, kollektiv unsere Situation zu erkennen und gemeinsam für eine Aufhebung der Klassengesellschaft zu kämpfen. Denn sind wir vereint, kann uns die besitzende Klasse nicht mehr viel entgegensetzen.

Für die Assoziation der Freien und Gleichen!