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Hamburg: »Proletarier aller Länder, bekämpft euch!«

Centro Sociale, Sternstraße 2, Hamburg

Nach einem kurzen „Sommer der Migration“, der allgemein für Verunsicherung gesorgt und überraschende Effekte gezeitigt hatte, ist es um die Fluchtbewegung in Deutschland mittlerweile wieder ruhiger geworden. Die türkische Regierung hat sich zum robusten Türsteher einer europäischen Ordnungspolitik aufgeschwungen und überlässt die Menschen, die gerade dem brutalen Bürgerkrieg in Syrien entflohen sind, ihrem Schicksal. Dieses Konzept der „Grenzpartnerschaften“ hat sich für Europa offenbar als gangbarer Weg erwiesen und so verhandelt die EU momentan mit dem failed state Libyen über ein Lager für Flüchtlinge im Kriegsgebiet.

Das offenkundige Elend, dem die Geflüchteten in ihren Europa vorgelagerten Massenunterkünften entgegen sehen, ist nicht zuletzt das Resultat eines merklichen Backlashs in der staatlichen und suprastaatlichen Migrationspolitik Europas, der auch für eine linke Politik problematisch ist. Denn nachdem die Geflüchteten selbst ihre Stimme erhoben hatten, indem sie Plätze und Häuser in europäischen Großstädten besetzten und so selbstbewusst für ihre Rechte eingetreten sind, griff 2015 – im Rahmen der vorübergehend gelockerten Grenzpolitik – eine spürbare Solidarität um sich, und die Geflüchteten wurden vor allem von Bürgerinitiativen und linken Stadtteilgruppen unterstützt. Das gab durchaus Anlass zu Hoffnungen auf einen neuen, international vernetzten Zyklus von Aktivismus. Diese Bewegung scheint sich mittlerweile jedoch weitgehend verlaufen zu haben, und eine neue Protestbewegung der Migranten und Migrantinnen ist nicht in Sicht. Unter den gegebenen Umständen sehen wir auch wenig Chancen für eine erneuerte Dynamik der Kämpfe.

Anhand ihres Beitrags in der Konkret 10/16 diskutieren die Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft (Berlin) Fragen und Perspektiven, die mit den aktuellen Migrationsbewegungen verbunden sind.