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Das Fremde als Krise

01. Februar 2005
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Zum Zusammenhang von Kapital, Krise und Rassismus

Das politische Klima in der Schweiz wird kälter. Rassistische Denkmuster treten wieder stärker zu Tage: Fremdenfeindliche Abstimmungen, Diskriminierung, Bürgerinitiativen gegen Asylberwerberheime und gewalttätige Übergriffe gehören vermehrt zur traurigen Realität. Rassismus beginnt nicht erst dort, wo Rayonverbote geschaffen werden oder wo Asylbewerberheime brennen. Auch die Manifestation von Rassismus in alltäglichen Diskursen, in welchen zum Beispiel ein Zusammenhang zwischen Kriminalität und fremder «Kultur» hergestellt wird, ist nicht die Wurzel des Problems. Schon die Abstraktion vom konkreten Menschen und dessen Unterordnung unter Kategorien wie Ausländer, Jugo oder Afrikaner ist von der Struktur her rassistisch.

Es wäre ein Irrtum anzunehmen, Rassismus sei nur ein Denkfehler der RassistInnen oder entspringe aus Mangel an Information. Vielmehr ist er zentral für die Durchsetzung der Werte und Normen im kapitalistischen Produktionsprozess und der bürgerlichen Gesellschaft. Im Kapitalismus wird dem Einzelnen eine strenge Arbeitsdisziplin aufgezwungen, die er sich einverleiben muss um in der Konkurrenz bestehen zu können. Bedürfnisse, welche diesem Arbeitsethos nicht entsprechen, darf er sich nicht zugestehen und projiziert sie auf ein vorgestelltes Kollektiv. Der faule und sexuell potente Schwarze oder die den Sozialstaat ausnützenden AsylbewerberInnen sind nur zwei dieser Ressentiments, die in bewusster Abgrenzung zu den ehrlichen, schwer arbeitenden BürgerInnen vorherrschen. Diese Eigenschaften gelten als minderwertig, da sie mit dem Arbeitsethos nicht kompatibel sind. Indem sich die BürgerInnen über diese vermeintlich Minderwertigen stellen, finden sie ihre Identität als produktive Mitglieder ihrer nationalen Gemeinschaft.

In der Krise werden die vorhandenen rassistischen Denkmuster radikalisiert und von Parteien im Wahlkampf eingesetzt. Der «Krisenrassismus» (Balibar) hat seine Wurzeln tief im Boden der bürgerlichen Gesellschaft. Ist im Normalbetrieb noch eine gewisse Hemmschwelle für rassistische Gebärden vorhanden, so wird sie im Stand der Krise durchbrochen. Nicht nur der Neonazi, der mit physischer Gewalt gegen AusländerInnen vorgeht, sondern auch die in Abstimmungen abgesegneten Zwangsmassnahmen zeigen das Sinken der Hemmschwelle auf. Dabei werden neue soziale Gruppen der Gesellschaft auf demokratischem Weg zu Ausführenden der rassistischen Ideologie. Die Vorurteile und Schuldzuweisungen, die verschiedenen Ausländergruppen angedichtet werden, verschärfen sich dahingehend, dass sie für die Krise verantwortlich gemacht werden können. Der Arbeitsplatz raubende Ausländer und der Steuergelder verprassende Asylbewerber sind nur zwei Beispiele davon.

Eine Kritik am Rassismus sollte darauf abzielen, seinen Zusammenhang mit der «ganzen Scheisse» (Marx) aufzuzeigen. Rassismus zu bekämpfen, muss daher grundlegend auch bedeuten, Kapitalismus zu bekämpfen. Nur die Befreiung der Menschen von einem System, dass ihnen als feindliches gegenübertritt und ihr Leben bestimmt, eröffnet die Möglichkeit einer Überwindung von Rassismus.

Für die Assoziation der Freien und Gleichen!